Kapitel 24 : Organische Stoffe

Zwei wichtige Teilgebiete der Chemie sind die Anorganische Chemie und die Organische Chemie.

Formal lassen sich die Stoffe, die zur organischen Chemie gehören, schnell definieren. Es sind alle Stoffe, die Kohlenstoff enthalten, ausgenommen Kohlenmonoxid (CO), Kohlendioxid (CO2) und die Carbonate, sowie eine Handvoll weniger bekannte Stoffe.

Schafe in lichtem Wald

Bild 1 : Schafherde in einer lichten Waldlandschaft nahe Frammersbach / Spessart / Deutschland.

Diese dürre Beschreibung spiegelt die Fülle und Vielfalt der organischen Chemie überhaupt nicht wider.

Das erste, woran die meisten Menschen denken, wenn es um Organische Stoffe geht, sind Stoffe aus der Natur, und sie meinen damit keine Erze und Felsen, sondern Stoffe in Lebewesen.

Bild 1 steht für die unzähligen Stoffe in Lebewesen, die der Mensch, seit er denken gelernt hat, für seine Zwecke nutzt. Wolle, Fleisch, Leder, Holz, Cellulose, Stärke, Eiweiß und Farbstoffe sind schnell im Bild zu finden.

Diese Stoffe haben keine einheitliche Struktur, und deshalb kann man ihnen keine chemische Formel zuordnen. Die Strukturen dieser Stoffe sind nicht nur komplex, sondern auch variabel. Ähnliche Moleküle, die sich voneinander in Größe, Vernetzungsgrad, manchmal auch in der Auswahl der Bausteine unterscheiden, sind charakteristisch für jeden einzelnen dieser Stoffe. Über die Strukturen dieser Stoffe und Verbindungen gibt es viel zu sagen – zu viel für dieses Projekt. Ich werde diese Stoffklassen von der Seitenlinie betrachten.

 

Rollen mit buntem Nähgarn

Bild 2 : Rollen mit buntem Nähgarn. Bildnachweis.

Später haben die Menschen gelernt, systematisch zu forschen und haben ganz seltsame Eigenschaften an den organischen Stoffen entdeckt. Viele haben Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen. Einige sind giftig, aber viel mehr kann man als Heilmittel gebrauchen. Noch später haben die Menschen gelernt, organische Stoffe zu analysieren, das heißt, ihre Zusammensetzung und ihren Molekülbau zu bestimmen. Als sie das konnten, war der nächste Schritt, völlig neue, bisher unbekannte Stoffe zu synthetisieren, das heißt neu herzustellen. Viele dieser neuen Stoffe kann man als Arzneimittel gebrauchen, andere als Farbstoffe, noch andere nannte man Kunststoffe. Und alle diese Stoffe kann man planvoll und nach Maß herstellen. Das heißt zum Beispiel, man kann Stoffe mit einer bestimmten Farbe oder Kunststoffe mit vorgegebenen Eigenschaften herstellen.

Bild 2 steht für diese neuen organischen Stoffe. Es zeigt Garnrollen mit einer großen Auswahl von Farben, von gelb über rot und grün bis hin zu dunklen Tönen.

Inhalt des Kapitels

In den Abschnitten von Kapitel 24 erfahren Sie mehr über einige Stoffe der Organischen Chemie. Im einzelnen geht es um

Wichtige Stoffklassen der Organischen Chemie

Für einen schnellen Überblick habe ich die Einträge markiert.

  Liste der Stoffe

Um den Überblick in der riesigen Menge von Stoffen nicht zu verlieren, habe ich Stoffe von ähnlichem chemischen Charakter in Stoffklassen zusammengefasst. Im Projekt „Struktur der Stoffe” finden Sie diese Stoffklassen und Stoffe :

Gehört ein Stoff zu mehreren Stoffklassen, habe ich ihn immer in der letzten zutreffenden (der komplexesten und damit höchstwertigen) Klasse genannt.

Womit beschäftigen sich die Anorganische Chemie und die Organische Chemie ?

Die Anorganische Chemie untersucht alle Stoffe, die keine Kohlenstoffatome enthalten. Die übrigen Stoffe sind Gegenstand der Organischen Chemie.

Ausnahmen sind die Stoffe Kohlenmonoxid (CO), Kohlendioxid (CO2) und die Carbonate, die zur Anorganischen Chemie gehören. Eine Handvoll Verbindungen werden manchmal zur Organischen, dann wieder zur Anorganischen Chemie gezählt. Es sind die Cyanwasserstoffsäure (HCN) und ihre Salze, die Cyanide, dann die Cyansäure (HOCN), die Isocyansäure (HNCO) sowie deren Salze, die Cyanate und Isocyanate, und schließlich die Thiocyansäure (HSCN), die Isothiocyansäure (HNCS) und deren Salze.

Man kennt zur Zeit (Februar 2018) über 137 Millionen Verbindungen, davon sind nur einige hunderttausend anorganische.

Warum unterscheidet man Anorganische Chemie und Organische Chemie ?

Es gibt mehrere Gründe.

Einige sind praktischer Natur.

Als die Chemie begann, sich in Teilgebiete wie Anorganische und Organische Chemie aufzuspalten (dies war im 19. Jahrhundert), war die Zahl der Verbindungen noch sehr überschaubar, und von den Mechanismen der Reaktionen wusste man so gut wie nichts.

Ein anderer Grund war damals wichtiger. Trotz großer Anstrengungen gelang es den Chemikern zu dieser Zeit nicht, Stoffe, die in Lebewesen vorkommen, herzustellen.

Heute wissen wir, dass es am fehlenden Wissen um die dafür geeigneten Reaktionsverfahren lag. Langes kräftiges Erhitzen und Behandeln mit reaktiven Chemikalien, zum Beispiel starken Säuren oder Basen, waren gängige Methoden in der Anfangszeit der Chemie. Damit kann man organische Verbindungen nur zersetzen, nicht aber aufbauen.

Damals wusste man das nicht. Statt dessen nahm man an, dass den Stoffen aus der belebten Natur eine geheimnisvolle Lebenskraft (sie hieß „vis vitalis”) innewohnt, die man aus Stoffen der unbelebten Natur grundsätzlich nicht schaffen kann. Die Umwandlung von anorganischen, nicht aus Lebewesen stammenden Stoffen in organische Stoffe sah man also als unmöglich an. Gläubige Menschen (und bis weit ins 20. Jahrhundert glaubten fast alle Menschen an Gott) waren zum Teil der Ansicht, dies wäre die Anmaßung einer Tätigkeit, die Gott vorbehalten war, nämlich die Erschaffung von Leben, und sahen es als Gotteslästerung.

Im Jahre 1828 gelang es Friedrich Wöhler, aus Ammoniumcyanat, einem Stoff, den man damals als anorganisch ansah, Harnstoff, einen organischen Stoff zu gewinnen. Damit war das eben genannte Argument entkräftet. Aus den oben genannten pragmatischen Gründen hält man die Unterscheidung von Anorganischer und Organischer Chemie jedoch weiterhin aufrecht.

 

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