Kapitel 6 : Moleküle

Oft entsteht diese Situation : Mehrere Atome gruppieren sich zu einem Ensemble. Innerhalb des Ensembles sind zwischen den Atomen starke Bindungen vorhanden. Es können Atombindungen, polare Atombindungen und Ionenbindungen sein. Zwischen verschiedenen Ensembles wirken nur schwache Kräfte, zum Beispiel Wasserstoffbrückenbindungen, Dipolkräfte, Dispersionskräfte (London–Kräfte) und van–der–Waals–Kräfte. Ein solches Ensemble nennt man ein Molekül.

Kleine Moleküle – große Moleküle
Methanmolekül Ammoniakmolekül Molekül von Butan-2-ol Schwefelmolekül Benzolmolekül

Bild 1 : Moleküle, von oben nach unten : Methan – Ammoniak – Butan–2–ol – cyclo–Octaschwefel – Benzol.

Jedes Molekül besteht aus mindestens 2 Atomen – sonst könnte es ja keine Bindung enthalten.

Kleine Moleküle. – Die Forschenden in der Chemie haben traditionell ihren Schwerpunkt bei Molekülen gesetzt, die sie klein nennen. Damit meinen sie Moleküle, die bis zu etwa einhundert Atome enthalten, manchmal auch mehr. Solche kleinen Moleküle zeigen im Aufbau und in den Eigenschaften eine immense Vielfalt. Es sind auch diejenigen, über die ich fast ausschließlich in diesem Kapitel schreiben werde. Trotzdem gelten die Regeln, die ich hier erkläre, auch für die Moleküle der anderen beiden Kategorien, und Erscheinungen, über die ich berichte, treten hier wie dort auf. Bild 1 zeigt solche Moleküle.

Polymere. – Seit Beginn des 20. Jahrhunderts haben die Forschenden gelernt, eine Auswahl kleiner Moleküle als Bausteine zu benutzen. Aus diesen Bausteinen haben sie sehr große Moleküle geschaffen. Solche Moleküle enthalten viele Tausend bis zu Millionen von Atomen. Ihre Vielfalt stammt nicht nur von der Auswahl der Bausteine, sondern auch der Art des Zusammenfügens : kettenförmig oder im Raum vernetzt, abwechselndes, zufälliges oder blockweises Auftreten unterschiedlicher Bausteine, gleichlange oder verschieden lange Ketten, im Durchschnitt lange oder kurze Ketten, und vieles mehr.

Biomoleküle. – Die Natur hatte viele Millionen Jahre Zeit, Moleküle zu synthetisieren und auf einen bestimmten Zweck hin zu optimieren. Neben unzähligen kleinen Molekülen ist eine unüberschaubare Zahl sehr großer Moleküle entstanden. Die Zahl der Atome in solchen Molekülen liegt in der Größenordnung von Millionen und mehr. Ihre Vielfalt stammt weniger von der Auswahl der Bausteine, sondern der immer wieder anderen, schon individuell zu nennenden, Reihenfolge des Zusammenfügens. So entstehen zum Beispiel Moleküle von DNS (engl. DNA) oder von Proteinen.

Moleküle – keine Moleküle

Oft ist die Situation vom Beginn des Kapitels – voneinander getrennte Ensembles – nicht gegeben.

Ionenkristalle. – Viele Stoffe sind aus Ionen aufgebaut, die sich in endloser (→ Fußnote 1) Wiederholung regelmäßig aneinanderreihen. Zwischen den Ionen sind starke Bindungen, Ionenbindungen eben, vorhanden. Nichts ist voneinander getrennt, nichts ist nur durch schwache Bindungen getrennt. Es liegen keine Moleküle vor. Natriumchlorid (Kochsalz) ist ein Beispiel für einen Stoff, der einen Ionenkristall bildet.

Fußnote 1 : In der Chemie benutzt man das Wort „endlos” nicht in der wörtlichen Bedeutung. Dann wäre der Kristall ja ohne jedes Ende, größer als das Universum. Man meint eine sehr, sehr häufige Wiederholung, in diesem Fall von aneinander gereihten Ionen.

Kovalente Netze. – Viele Stoffe sind aus (neutralen) Atomen oder aus Atomen, die eine Partialladung (→ Kapitel 3.7.4.) tragen, aufgebaut. Zwischen den Atomen verlaufen starke Bindungen. Es können Atombindungen oder polare Atombindungen sein. Man kann von einem Atom des Kristalls zu jedem anderen über eine Kette dieser starken Bindungen gelangen. Es liegen keine getrennten Ensembles und also auch keine Moleküle vor. Der gesamte Kristall ist ein Netz aus starken Bindungen. Diamant oder Quarz (Siliziumdioxid) sind Beispiele für Stoffe mit solchen Bindungen.

Metalle. – Vergleichbar ist die Situation bei Metallen. Alle Metallatome eines Metallkristalls sind in gleicher Weise miteinander verbunden (zur Metallbindung vgl. Kapitel 3.6.1. und Kapitel 5.4.). Es liegen keine Moleküle vor.

Grauzone. – Vieles lässt sich in Schubladen einsortieren. Ganz klar, Methan bildet Moleküle, Natriumchlorid (→ Fußnote 2) nicht. Anderes lässt sich nicht so klar kategorisieren. Sind Gruppen von Atomen wirklich getrennt von anderen, oder liegt doch ein großes Netz vor ? Ist an einer Stelle eine schwache polare Bindung vorhanden, oder eine starke Dipol–Wechselwirkung ? Aluminiumchlorid (AlCl3) oder Cadmiumiodid (CdI2) sind Kandidaten für solche Überlegungen. Stoffe aus der Grauzone werde ich nicht hier besprechen, sondern im Kapitel über Kristalle (→ Kapitel 7.).

Fußnote 2 : Im festen und flüssigen Zustand bildet Natriumchlorid keine Moleküle, im gasförmigen durchaus.

 

Moleküle und Aggregatzustände

Moleküle können in Stoffen in allen 3 Aggregatzuständen auftreten. Denken Sie an Wasser. Festes Wasser (Eis) besteht aus H2O–Molekülen, die in einem Kristallgitter angeordnet sind. Flüssiges Wasser besteht aus denselben Molekülen, die sich nun unabhängig voneinander bewegen. Dasselbe passiert in gasförmigem Wasser (Wasserdampf), nur haben die Moleküle hier einen großen Abstand.

Inhalt des Kapitels

Im Verlauf des Kapitels werde ich über einige Phänomene und Konzepte rund um Moleküle schreiben. Dabei geht es um Erscheinungen, die einzelne Moleküle betreffen. Um Phänomene, die große Ansammlungen von Molekülen betreffen, geht es in anderen Kapiteln.

In den folgenden Abschnitten dieses Kapitels und anderer Kapitel erfahren Sie mehr zu diesen Themen.

einzelne Moleküle – dieses Kapitel

viele Moleküle – andere Kapitel

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