7.4.2. Der Natriumchlorid–Strukturtyp

Der Natriumchlorid–Strukturtyp ist einer der häufigsten und wichtigsten Strukturtypen.

Er ist sehr symmetrisch aufgebaut, daher übersichtlich und leicht zu verstehen.

7.4.2.1. Beschreibung

Anordnung der Natrium- und Chlorionen

Bild 2 : Gitter der Natrium– und Chlor–Ionen
interaktiv untersuchen

Die Natriumionen bilden ein kubisch flächenzentriertes Gitter, also eine kubisch dichteste Kugelpackung. An den 8 Ecken eines Würfels sitzt jeweils ein Natriumion, außerdem in der Mitte jeder der 6 Würfelflächen. Die Chlorionen besetzen die Oktaederlücken.

Die Chlorionen, für sich betrachtet, bilden also auch ein kubisch flächenzentriertes Gitter (= kubisch dichteste Packung), in dessen Oktaederlücken die Natriumionen sind. Im Kristallgitter gibt es also Würfel, die an jeder der 8 Ecken und in der Mitte jeder der 6 Flächen ein Chlorion haben. Bild 2 zeigt die Situation.

Das Gitter der Chlorionen ist gegenüber dem Natriumionen–Gitter versetzt.

Bild 2 zeigt die Situation. Das Gitter der Natriumionen ist durch einen blauen Würfel markiert. In den Bildern 2, 3 und 4 sind zwischen den Natriumionen (violett gezeichnet) und den Chlorionen (grün) stabartige Gebilde. Dies sind keine gerichteten Bindungen, sondern sie sollen suggestiv die Anziehungskräfte zwischen den entgegegen gesetzt geladenen Ionen verdeutlichen.

Ansehen : Starten Sie die JSmol–Visualisierung durch Anklicken des Links unter Bild 2. Die violetten Kugeln stehen für Natriumionen, die grünen für Chlorionen. In der Visualisierung können Sie in mehreren Stufen erst das kubisch flächenzentrierte Gitter der Natriumionen, dann das Gitter der Chlorionen ein– und wieder ausblenden.

7.4.2.2. Koordination

Jedes Natriumion hat als nächste Nachbarn 6 Chlorionen. Diese Chlorionen umgeben das Natriumion oktaedrisch. Das heißt, im Zentrum eines Oktaeders befindet sich ein Natriumion, an den 6 Ecken des Oktaeders je ein Chlorion.

Ebenso hat jedes Chlorion 6 Natriumionen als Nachbarn, die es oktaedrisch umgeben. Die Bilder 3 und 4 zeigen die Umgebungen.

Sowohl Natriumionen als auch Chlorionen haben also die Koordinationszahl 6.

 

Ansehen : Starten Sie die JSmol–Visualisierung durch Anklicken eines der beiden Links unter den Bildern 3 und 4. Die violetten Kugeln stehen für Natriumionen, die grünen für Chlorionen. In der Visualisierung können Sie in 2 Stufen die oktaedrischen Umgebungen eines Natriumions (blau) und eines Chlorions (rot) unabhängig voneinander ein– und wieder ausblenden.

7.4.2.3. Vorkommen

Der Natriumchlorid–Typ ist einer der häufigsten Strukturtypen. Bereits in der klassischen Datensammlung von Wyckoff aus den 1960er Jahren (Lit. L–102) werden 220 Stoffe genannt, die diesen Strukturtyp annehmen. Die folgenden Beispiele sind also völlig willkürlich ausgewählt.

Tabelle 1 : Stoffe, die den Natriumchlorid–Strukturtyp annehmen (Auswahl). Die Werte für Ionenradien sind aus Lit. L–12.

Der Natriumchlorid–Strukturtyp ist bei Ionenverbindungen mit der allgemeinen Formel AB der geometrisch günstigste, wenn der Quotient aus den Radien der beiden Ionen zwischen 0,414 und 0,732 liegt. Für die Beispiele ist diese Bedingung, nun ja, freundlich gesagt, teilweise erfüllt.

 

7.4.2.4. Beispiele

Alle Daten zu den Bildern 5 bis 9 und 11 sind aus L–102, Band 1, S. 85 – 91 (Zugehörigkeit zum Strukturtyp und Größe der Elementarzelle) und L–12 (Ionenradien).

In den Bildern sind alle Ionen auf halbe Größe reduziert.

 

Natriumchlorid kristallisiert im NaCl-Strukturtyp

Bild 5 : Natriumchlorid (Elementarzelle)
Farbcodes :
Natrium, Chlor
Natriumchlorid und andere Beispiele interaktiv ansehen

Kaliumiodid kristallisiert im NaCl-Strukturtyp

Bild 6 : Kaliumiodid (Elementarzelle)
Farbcodes :
Kalium, Iod
Kaliumiodid ansehen

Natriumchlorid (NaCl), Kaliumiodid (KI) und die anderen

Nicht nur diese beiden, sondern fast alle Alkalihalogenide (im einzelnen sind es LiF, LiCl, LiBr, LiI, NaF, NaCl, NaBr, NaI, KF, KCl, KBr, KI, RbF, RbCl, RbBr, RbI, CsF, es fehlen nur CsCl, CsBr und CsI) kristallisieren im Natriumchlorid–Strukturtyp, ebenso 3 der 4 Silberhalogenide (AgF, AgCl, AgBr).

Die Bilder 5 und 6 zeigen Ausschnitte aus den Kristallstrukturen von Natriumchlorid (NaCl) und Kaliumiodid (KI) von der Größe jeweils einer Elementarzelle.

physikalische Eigenschaften von Natriumchlorid

  • Schmelzpunkt : 800,7 °C
  • Siedepunkt : 1465 °C
  • Dichte bei 20 °C : 2,17 g/cm3
  • Löslichkeit bei 20 °C : 358,9 g/l
  • CAS-Nr. : 7647–14–5

physikalische Eigenschaften von Kaliumiodid

  • Schmelzpunkt : 681 °C
  • Siedepunkt : 1324 °C
  • Dichte bei 20 °C : 3,12 g/cm3
  • Löslichkeit bei 20 °C : 1440 g/l
  • CAS-Nr. : 7681–11–0

Mehr über Natriumchlorid erfahren Sie auf der Natriumchloridseite.

Mehr über einen Schulversuch, bei dem Kaliumiodid als Katalysator verwendet wird, erfahren Sie auf der Seite über den Schaumturmversuch.

Mehr über die nicht im Natriumchlorid–Typ kristallisierenden Alkalihalogenide (CsCl, CsBr, CsI) erfahren Sie in Kapitel xxx, mehr über AgI in Kapitel xxx.

Mehr über die Schmelzpunkte der Alkalihalogenide erfahren Sie in Kapitel xxx – demnächst.

 

Calciumoxid kristallisiert im NaCl-Strukturtyp

Bild 7 : Calciumoxid (Elementarzelle)
Farbcodes :
Calcium, Sauerstoff
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Bleisulfid kristallisiert im NaCl-Strukturtyp

Bild 8 : Blei–II–sulfid (Elementarzelle)
Farbcodes :
Blei, Schwefel
Bleisulfid ansehen

Ytterbiumantimonid kristallisiert im NaCl-Strukturtyp

Bild 9 : Ytterbiumantimonid (Elementarzelle)
Farbcodes :
Ytterbium, Antimon
Ytterbiumantimonid ansehen

Calciumoxid (CaO), Blei–II–sulfid, Ytterbiumantimonid (YbSb) und die anderen

Viele Verbindungen aus Erdalkalimetallen (sowie anderen zweiwertigen Metallen) und Elementen der 6. Hauptgruppe kristallisieren im Natriumchlorid–Strukturtyp, ebenso Verbindungen aus dreiwertigen Kationen und Elementen der 5. Hauptgruppe. Calciumoxid (Bild 7), Bleisulfid (Bild 8) und Ytterbiumantimonid (Bild 9) stehen dafür als Beispiele.

physikalische Eigenschaften von Calciumoxid

  • Schmelzpunkt : 2927 °C
  • Dichte bei 20 °C : 3,34 g/cm3
  • CAS-Nr. : 1305–78–8

physikalische Eigenschaften von Blei–II–sulfid

  • Schmelzpunkt : 1118 °C
  • Dichte bei 20 °C : 7,60 g/cm3
  • Löslichkeit bei 20 °C : 6,77 ⋅ 10–12 g/l
  • CAS-Nr. : 1314–87–0

physikalische Eigenschaften von Ytterbiumantimonid

Solche wurden bisher nicht veröffentlicht.

 

Galenitkristall

Bild 10 : Kristall aus Galenit (Bleisulfid), Bildbreite ca. 1,8 cm.

Galenit

Bleisulfid kommt als Mineral in der Natur vor. Es hat dann die Namen Bleiglanz oder Galenit.

Bild 10 zeigt einen Galenit–Kristall. Schnell sieht man Elemente, die man als Teile von Würfeln interpretieren kann. Hier spiegelt sich die Kristallstruktur in der äußeren Erscheinung wider.

Es finden sich aber auch schräge Kanten, besonders in dem „Hügel” nahe der Bildmitte, links unten und in den kleinen Wuchsformen links oben. Warum es ganz normal ist, so etwas in Kristallen mit kubischer Struktur zu finden, erfahren Sie in Kapitel xxx – demnächst.

 

Palladiumhydrid kristallisiert im NaCl-Strukturtyp

Bild 11 : Palladiumhydrid (Elementarzelle)
Farbcodes :
Palladium, Wasserstoff
Palladiumhydrid ansehen

Einer bekommt die Kiste nicht voll – Palladiumhydrid (PdH0,7)

Palladiumhydrid hat die Formel PdH0,7 und kristallisiert im Natriumchlorid–Strukturtyp. Nur 70 % der Anionenplätze sind von Wasserstoffionen besetzt; deren Verteilung ist zufällig. In der JSmol–Visualisierung erhalten Sie jedesmal eine andere Verteilung der Wasserstoffionen.

Bild 11 zeigt einen Ausschnitt seiner Kristallstruktur. Einige Anionenplätze sind unbesetzt (etwa der auf der vorderen rechten Würfelkante), andere sind zwar besetzt, aber die Ionen sind trotzdem nicht sichtbar, da sie sich aufgrund ihrer Winzigkeit hinter den großen Palladiumionen verstecken.

 

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